Sonntag, 1. März 2009

Nicht fad, aber ohne faden

Strawanzen durch die Kulturhauptstadt, Teil 2

Trotz neuer, dringend benötigter Sehbehelfe der Strawanzerin bleiben die im Linzer Alltag sichtbaren Symptome der Kulturhauptstadt schwer zu entdecken. Das liegt sicher immer noch am Auge der Betrachterin. Zum anderen wohl auch daran, dass es künftig mehr um die Ohren gehen soll. Linz will Ruhe. Fein.

Als welterste Stadt hat Linz eine Charta herausgebracht, die sich für eine akustische Gestaltung und gegen Zwangsbeschallung richtet. Dem damit verwandten 09-Projekt „Hörstadt“ ist die allerstärkste Nachhaltigkeit zu wünschen.

Geschärft ist also das Auge der Strawanzerin, gespitzt die Ohren der Stadt – und verfeinert der Kunstsinn der Kulturhauptstadtbewohner. Alles könnte plötzlich Kunst sein. In die „Weltrettungs“-Haltestelle auf der Nibelungenbrücke hat jemand eine pfiffige Anfrage an „Herrn Dunkler“ gestellt: „Sind die Eisschollen auf der Donau auch ein Linz09-Projekt?“

Produziert wird wie wild. „Der neue Stahl heißt Kultur“, schreibt Andreas Kump sehr treffend in der Jänner-Ausgabe von „Datum“. Die Auslastung der Inszenierungen ist ansehnlich. Was nicht nur an den beträchtlichen Investitionen, sondern auch an der oft sehr geringen Anzahl an Vorstellungen liegen könnte.

Darüber wird ebenso intensiv diskutiert wie über die Qualität der „Best of Austria“-Ausstellung im Lentos. Eine Diskussion über Linz und Provinz – anscheinend eines von vielen Zielen der Kuratoren.

Angeregt auch die Debatte über die Ortstafeln in allen Schriften der in Linz lebenden Menschen. Die Linzer Freiheitlichen forderten für die „Mehrheitsbevölkerung“ Aufschriften in lateinischer Schrift, da sonst die Verkehrssicherheit leide. „Fällt die Linzer FP ihren Kärntner Gesinnungsgenossen in den Rücken?“ freuten sich die Künstler von „Social Impact“ über den aufgelegten Ball.

Noch ein Diskussionspunkt: der fehlende rote Faden im Programm. Der Journalist Robert Fishman, der soeben für den Deutschlandfunk ein Feature über Linz09 produzierte und viel Erfahrung mit Kulturhauptstädten hat, meint: „Es stimmt, was man sagt: Es fehlt der rote Faden.“ Das müsse nicht schlecht sein. Aber: „Dass vom Programm 2015 noch viel bleibt, also die Nachhaltigkeit, die sehe ich nicht.“

Möge sie sich zumindest beim Ende der Zwangsbeschallung einstellen.